Vom militärischen Übungsplatz zum UNESCO-Welterbe
Vor wenigen Tagen, genau am 31.12.2022, wurde der Nationalpark Hainich 25 Jahre alt – Zeit für einen Rückblick und Zwischenbilanz nach einem Vierteljahrhundert Nationalparkentwicklung. Wie waren die Ausgangsbedingungen? Der Nationalpark ist auf der Fläche von zwei militärischen Übungsplätzen im südlichen Hainich entstanden, seine Waldflächen wurden forstlich genutzt, die großen Schießbahnen beweidet, touristische Infrastruktur gab es nicht, der Bekanntheitsgrad des Hainich war selbst in Thüringen sehr gering.
Was hat sich nun in diesen 25 Jahren in und um den Nationalpark Hainich Wesentliches getan?
- Auf seinem Weg zum „Urwald mitten in Deutschland“ ist der Nationalpark ein gutes Stück vorangekommen. Heute sind 90 % des Gebietes nutzungsfrei, so dass der Hainich mit mehr als 5.000 Hektar die größte nutzungsfreie Laubwaldfläche Deutschlands aufweist.
- Mit der Einschreibung seiner Buchenwälder in die UNESCO-Welterbeliste 2011, als Teilgebiet der Stätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“, wurde die besondere Bedeutung des Hainich sogar aus globaler Sicht unterstrichen.
- Für Forschung in einem vom Menschen kaum beeinflussten Laubwald ist der Hainich besonders prädestiniert. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus ganz Deutschland und dem Ausland führen hier langjährige Untersuchungen durch. Darüber hinaus überwachen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Nationalparkverwaltung verschiedene Artengruppen, wie z.B. Spechte, Amphibien und Säugetiere, im Rahmen von Monitoringprojekten, die mitunter schon seit über 20 Jahren durchgeführt werden.
- Die Wildkatze ist sicherlich die prominenteste Art im Nationalpark, aber nur eine von geschätzten 10.000 und mitunter stark bedrohten Tierarten. Mehr als 2.000 Käferarten wurden bisher erfasst, darunter Neunachweise für Thüringen und Deutschland sowie Wiederfunde von Arten, die als ausgestorben galten. Interessante Nachweise der letzten Jahre betrafen den Luchs, den Wolf und den Goldschakal.
- Die wertvollen Offenlandflächen des Nationalparks werden mit Schafen, Rindern und Pferden beweidet. Hier fühlen sich Arten wie das Braunkehlchen, Vogel des Jahres 2023, Grauammer und Neuntöter besonders wohl und auch die seltene Gelbbauchunke soll hier eine Zukunft haben. Zu den mehr als 100 im Nationalpark brütenden Vogelarten konnte als neue Brutvogelart hier in den letzten Jahren der Kranich begrüßt werden.
- Eine ansprechende Besucherinfrastruktur wurde aufgebaut. Beschilderungen von der Autobahn an leiten die Besucher zu 11 Wanderparkplätzen oder zu einer Nationalpark-Informationsstelle. Alle Parkplätze sind mit Infotafeln ausgestattet. Von dort aus können die 20 attraktiv gestalteten Rundwanderwege begangen werden. Mehr als 100 km Wege stehen den Wanderern zur Verfügung, ausgewiesene Wege auch Radfahrern oder Reitern.
- Besondere Erlebnispfade, wie der Erlebnispfad Silberborn oder der MärchenNaturPfad Feensteig, wurden eingerichtet. Im Brunstal entstand der barrierefreie „Pfad der Begegnung“, an der Thiemsburg die „Waldpromenade“.
- Seit seiner Gründung wurden ca. 100.000 Kinder und Jugendliche im Nationalpark auf zahlreichen Erlebniswanderungen, in Wildniscamps, im Rahmen von Patenwaldschulen oder im Junior-Ranger-Program betreut, um so ein positives Naturverständnis und die Wertschätzung für die Natur zu fördern. Seit 2019 trägt die Bildungsarbeit des Nationalparks das „Thüringer Qualitätssiegel Bildung für nachhaltige Entwicklung”.
- Für die Besucher werden jährlich über 100 kostenlose Führungen im abwechslungsreichen Programm MITMACHEN angeboten.
- Die Nationalparkverwaltung berichtet transparent über die Entwicklungen im Park, z.B. im Rahmen der umfangreichen und informativen Internetseite www.nationalpark-hainich.de, mit Medieninformationen, Newslettern, in sozialen Medien oder durch zahlreiche Faltblätter und Broschüren.
- Mit dem 2005 eröffneten und bereits 2009 erweiterten Baumkronenpfad hat der Nationalpark einen touristischen Anziehungspunkt erster Güte. Bisher konnten allein hier rund 3 Millionen Besucher begrüßt werden. Seit 2006 werden jährlich mehr als 300.000 Menschen im Nationalpark gezählt. Insgesamt haben damit den Nationalpark seit seiner Gründung mehr als 6 Millionen Menschen besucht.
- Auf der Thiemsburg wurde 2008 ein Nationalparkzentrum eröffnet, dessen Ausstellung „Entdecke die Geheimnisse des Hainich“ 2016 um eine attraktive Wurzelhöhle erweitert wurde. 2020 kam die Abenteuerwildnis „Im Reich des Fagati“ hinzu.
- Der Bekanntheitsgrad des Nationalparks und seiner Region ist – nicht zuletzt durch den Baumkronenpfad, aber auch dank der vielen Auftritte bei Messen, Veranstaltungen und in den Medien - deutlich gestiegen. Mittlerweile kommen viele Besucher aus anderen Bundesländern, um hier im Hainich Natur und Kultur mitten in Deutschland zu erleben.
- Die Menschen in der Region bekennen sich zum Nationalpark und arbeiten mit an der weiteren touristischen Entwicklung. Der Verband „Welterberegion Wartburg Hainich“, gegründet 2012, kümmert sich um die Vermarktung der reizvollen Nationalparkregion, die Teil des Naturparks Eichsfeld-Hainich-Werratal ist.
- Im Umfeld des Nationalparks sind interessante touristische Einrichtungen entstanden, wie das WaldResort in Weberstedt, die Hainichhöfe bei Mülverstedt, die Jugendherberge Urwald-Life-Camp auf dem Harsberg oder das Wildkatzendorf in Hütscheroda.
„Der Hainich ist ein kleiner Nationalpark. Er hat sich aber wie 1998 zum Start gewünscht nach dem Motto „Klein, aber fein“ ganz hervorragend entwickelt. Darauf können wir zu Recht stolz sein“, so Manfred Großmann, Leiter des Nationalparks. Und weiter „Die Entwicklung war nur möglich durch das große Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das gute Zusammenwirken mit den Menschen, Gemeinden und Beteiligten hier in der Region. Hierfür mein ganz herzlicher Dank“.
Wie geht es nun weiter? Kurz innehalten ja, aber nicht ausruhen oder gar aufhören: In den nächsten Jahren gilt es, die erreichte hohe Qualität des Nationalparks zu erhalten bzw. sogar noch zu verbessern. Eine behutsame Entwicklung der Region soll dazu beitragen, das touristische Potential weiter auszuschöpfen. Die Einschreibung als Welterbe hat gezeigt, dass vor 25 Jahren mit der Ausweisung des Nationalparks Hainich der richtige Weg für die Region eingeschlagen wurde.
Cornelia Otto-Albers
Pressesprecherin